Psychologischer Psychotherapeut
Praxis für Psychotherapie
Dr. Reiner Matheis
(DPV, IPV, DGPT, DPtV)
Süddeutsche Zeitung: Nachgefragt "Was tun gegen Heuschnupfen?"
vom 9. April 2001
Kaum blühen Birke und Haselstrauch, müssen sie niesen: Für Heuschnupfen geplagte Menschen hat die Saison der laufenden Nasen und tränenden Augen begonnen. Mit Taschentüchern, Sprays, Tabletten und womöglich einem Arztbesuch versuchen sie, dem lästigen Leiden beizukommen. Doch bei der Pollenallergie wirkt auch die Seele mit. Das behauptet jedenfalls der promovierte Münchner Psychotherapeut Reiner Matheis, der sich
in seiner Praxis und einem Buch mit den psychosomatischen Zusammenhängen des Heuschnupfens befasst.
SZ: Pünktlich zur Birkenblüte kommt der Heuschnupfen. Was soll das mit der Psyche zu tun haben?
Matheis: Viele meinen, Heuschnupfen hat nur mit den Pollen zu tun. Aber man muss sich doch fragen, warum ist bei manchen das Immunsystem empfindlich, warum reagiert ein Mensch mit Abwehr und sogar Krankheit auf Stoffe, die nicht krank machen müssten. Im Gegenteil: Eine blühende Wiese ist etwas Schönes. Doch den Heuschnupfen Geplagten wird das verleidet. Sie müssen niesen und weinen, wenn sie über die Wiese gehen. Jetzt sind wir bei der Psyche.
SZ: Spielt nicht Veranlagung eine Rolle? Oft haben mehrere in einer Familie Heuschnupfen.
Matheis: Eine Veranlagung kann es geben. Aber das ist eine zu einfache Erklärung. Dabei sollten wir nicht stehenbleiben. Heuschnupfenpatienten beobachten oft selber, dass es Zeiten gibt, in denen die Pollen fliegen, sie aber dennoch keine Beschwerden haben. Oder dass sie einige Jahre verschont sind und dann kommt das Leiden zurück. Heuschnupfen kann gelernt sein, übernommen - als eine Art neurotischer Konfliktbewältigung. So sagen wir Psychotherapeuten.
SZ: Sie meinen, manche Menschen reagieren auf seelische Probleme mit Heuschnupfen?
Matheis: Ich meine, dass sich Beziehungskonflikte, Konkurrenz im Beruf, Trennung, Trauer, all solche schwierigen Situationen, auch durch Heuschnupfen äußern können. Jedesmal wenn ich Stress habe, kommt die Allergie, sagte ein Patient. Ebenso kann sie bei Schwellensituationen im Leben etwa bei Einschulung oder Abitur auftreten. Wenn man an die psychische Komponente bei anderen Allergien wie Hautausschlägen denkt, klingt das nicht so seltsam.
SZ: Es klingt, als sollte jeder Heuschnupfenkranke eine Psychotherapie machen.
Matheis: Nicht unbedingt. Doch wer sich für seine Krankheit interessiert, sollte sich nicht nur beim Allergologen testen lassen und Medikamente einnehmen, die verhindern, dass die Nase läuft und die Augen tränen. Das ist eine Sofortmaßnahme, die vielleicht über akute Beschwerden hinweghilft. Besser ist, nicht nur auf den Pollenflug, sondern auf das eigene Leben zu achten. Man kann beobachten, welche Gefühle, Gedanken und Fantasien im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild entstehen. Genau hier ist das Symptom Heuschnupfen eingebettet. Manche Patienten müssen schon niesen, wenn sie nur die Gartenszene im „Faust" sehen oder ein Blumenbild betrachten. Da hilft die rein organische Betrachtungsweise bestimmt nicht weiter.
SZ: Also doch die Therapie?
Matheis: Ich empfehle, offen zu sein für die eigene Situation. Man kann sich nicht immer aus dem Blütenstaub machen und im abgeschotteten Zimmer leben. Das raten Ärzte, die nur schulmedizinisch orientiert sind. und die Psychosomatik ablehnen. Wenn sich ein Patient seelischen Prozessen stellt und Konflikte löst, egal ob mit oder ohne Psychotherapie, wird auch sein Immunsystem stabiler. Er ist dann nicht mehr so empfänglich für äußere krankmachende Einflüsse.
Interview: Sibylle Steinkohl